Grün
Frage ich jemanden nach seiner Lieblingsfarbe, höre ich Rot oder Orange, manchmal auch Blau und Violett. Nur selten höre ich: Grün ist meine Lieblingsfarbe.
Wieso ist Grün nicht die Nummer Eins unter den Farben? In unserem stressigen Alltag sehnen wir uns nach Ruhe. Suchen wir Erholung, zieht es uns in die grüne Natur. Wir fahren in den Wald, liegen auf saftigen Sommerwiesen, gehen wandern und baden im See. Entspannt kommen wir zurück nach Hause.
Ich hatte mein erstes grünes Bild fertig gemalt und stellte es in mein Wohnzimmer um die Wirkung im Raum zu testen. Ich war enttäuscht und entschied: Grün passt nicht in mein Wohnzimmer und stellte das Bild weg. Warum ich dann eine ganze Serie grüner Bilder malte, daran erinnere ich mich nicht mehr.
Irgendwann stellte ich das grüne Bild wieder ins Wohnzimmer, es hatte einen Titel bekommen: „Bauer deckt Pferd“ bekommen. Meine demenzkranke Mutter kam zu Besuch. Normalerweise beachtet sie die Bilder in Wohnung nicht, doch an diesem Tag platzte sie heraus: Carola, das ist ein sehr schönes Bild. Ich war erstaunt, schenkte dieser Reaktion jedoch keine größere Aufmerksamkeit.
Ich fand einen Flyer vom Unfallkrankenhaus Marzahn. Es wurde für eine Sonntagsvorlesung mit dem Thema „Farben und Gesundheit“ geworben. Ich ging dorthin und erfuhr, dass sich die Wirkung von Farben beim Menschen im Laufe des Lebens verändert. Ein Grund ist das immer schlechter werdenden Augenlicht. Der Blick trübt sich. Blaue und graue Töne werden kaum noch wahrgenommen. Gelb und Orange sind die Farben, die den älteren Menschen ansprechen.
Was in dem Vortrag über die Farbwirkung von Grün bei älteren Menschen gesagt wurde? Ich weiß es nicht mehr. Haben Menschen mit der Diagnose Alzheimer eine spezielle Affinität zu der Farbe Grün? Ich muss es testen. Ich werde meiner Mutter grüne Bilder malen.